Gute Kommunikation zwischen Behandelnden einerseits sowie Patientinnen und Patienten andererseits beeinflusst den Behandlungsverlauf positiv. Bewusste Gesprächsführung ist entscheidend, damit eine vertrauensvolle Beziehung zu dem kranken Menschen entsteht.
  
Dafür werden hier zunächst Ebenen und allgemeine Prinzipien von Kommunikation vorgestellt. Anschließend kommt speziell die patientenorientierte Kommunikation in den Blick. Dazu werden konkrete Hinweise gegeben. Dabei geht es zum einen um die Einleitung eines Gesprächs und seine Steuerung, zum anderen um aktives Zuhören. Diese Techniken helfen dem gesamten Behandlungsteam, Ängsten und Fragen von Patientinnen und Patienten zu begegnen. 

Gesprächsführung im onkologischen Alltag

Ulrike Füßer

„Miteinander reden“ – Friedemann Schulz von Thun, Kommunikationswissenschaftler und Psychologe, schrieb Mitte der 1980er-Jahre mehrere Bücher mit diesem Titel, um zu zeigen, wie wichtig diese ganz alltägliche und selbstverständliche Art der Interaktion ist. Jahrzehnte später ist dieses Thema noch genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger.

Durch Entwicklungen in der Tumortherapie entstehen immer neue Behandlungs- und Heilungschancen. Dabei verändern sich (meist) die therapiebegleitenden Neben- und Folgewirkungen und das wiederum bedeutet für die Onkologen und das onkologische Pflegeteam mehr Aufklärung, mehr Information und Erklärungen und somit mehr Begleitung der Patienten und der Angehörigen. Hinzu kommt, dass sich Patienten und Angehörige heute viele Informationen, die ihnen früher nur ihr Arzt oder ihr Pflegeteam geben konnte, durch das Internet oder andere Medien selbst beschaffen. Auch pharmazeutische Hersteller bieten Informationen zur Patientenunterstützung an. So sind neben Ärzten alle im Behandlungsprozess eingebundenen Personen mehr denn je gefordert, auf individuelle Fragen und Erwartungen des Patienten einzugehen. Viele Patienten wollen auch an therapeutischen Entscheidungen teilhaben und eingebunden werden, sodass für Tumorpatienten viel (ausreichend) Zuwendung und somit viel Gesprächszeit einzuplanen ist.

Ein Arzt führt beispielsweise bis zu 200 000 Gespräche innerhalb seines ärztlichen Berufslebens mit Patienten und Angehörigen [1]. Hinzu kommen noch die Gespräche und der Austausch in und mit (s)einem multiprofessionellen Team.

Somit ist das Miteinander reden im Alltag nicht nur selbstverständlich, sondern auch dringend erforderlich und doch nicht immer so leicht. Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die über Erfolg oder Misserfolg eines Gespräches entscheiden.

Wenn Kommunikation wenig zielgerichtet und oberflächlich gehandhabt wird, vergeben wir die Chance, Kommunikation bewusst für unsere Ziele zu nutzen und einzusetzen. Sprache ist ein rezeptfreies und immer zur Verfügung stehendes effektives Mittel, um Beziehungen wirkungsvoll aufzubauen und Vertrauen zu schaffen, um somit die Grundlage für erfolgreiches, professionelles Handeln zu legen.

1 Sprache als Mittel zum Ziel

Zahlreiche neue Studien belegen, dass die Beziehung zwischen Patienten und Medizinern den Behandlungsverlauf beeinflusst. Beziehung entsteht durch die Art und Weise, wie wir miteinander umgehen und kommunizieren. So können Worte heilen oder verletzen, helfen oder behindern; denn wir erzeugen durch diese eine Wirkung, ebenso wie die Sprache der anderen bei uns etwas bewirkt. Hier zeigt sich, wie wichtig insbesondere in der Onkologie ein bewusstes (Be-)Nutzen und Einsetzen der Sprache ist.

1.1 Kommunikation als Instrument

Jede Nachricht enthält vielfältige Informationen. Nach Schulz von Thuns Kommunikations-Quadrat gibt es vier Ebenen einer Nachricht, bekannt unter dem „Vier-Schnäbel- und Vier-Ohren-Modell“ [2, 3]:

  • Sachebene: beschreibt den sachlichen Inhalt
  • Beziehungsebene: sagt aus, was der Sprecher vom anderen denkt, in welcher Beziehung er zu ihm steht
  • Selbstoffenbarungsebene: gibt Hinweise darauf, wie der Sprechende sich fühlt und wie er über sich denkt
  • Appellebene: zeigt, was der Sprechende vom anderen erwartet, was er erreichen will, was der andere tun soll

Die unterschiedlichen Ebenen einer Information können vom Sender unterschiedlich angesprochen werden (entspricht dem Schnabel), beim Empfänger unterschiedlich ankommen (entspricht dem Ohr).

Bedeutung für die Kommunikation in der Onkologie: Zu wissen, wann welche Ebene beim Pflege­perso­nal/Arzt durch den Patienten angesprochen wird und wann und wie welche Ebene beim Patienten ge­nutzt/bzw. angesprochen werden kann.

Der Schweizer Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick stellte in seinen Grundsätzen fünf Grundregeln der menschlichen Kommunikation auf. So auch diese [4]: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, wobei der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt bestimmt.“ Entscheidend ist seiner Aussage nach nicht, „was“ mitgeteilt wird, sondern „wie“ etwas gesagt wird. Vor allem durch die Wortwahl und die Betonung werden die unterschiedlichen Ebenen (Schulz von Thun) wie auch der sogenannte Beziehungsaspekt (Watzlawick) angesprochen.

Vor dem Wort / der Sprache werden in der Kommunikation jedoch die körpersprachlichen Wirkungsmittel wahrgenommen und interpretiert.

1.2 Die Sprache des Körpers

Beginnen wir bei dem, was einen großen Teil unserer Kommunikation ausmacht – der Körpersprache, dem Non-Verbalen, worüber wir unbewusst Informationen senden und Informationen des Gegenübers aufnehmen oder, um bei Watzlawicks 1. Grundsatz zu bleiben [4]: „Man kann nicht nicht kommunizieren.“ Für den onkologischen Alltag kann das bedeuten: Den körpersprachlichen Signalen mehr Raum zu geben, um sowohl die des Patienten wahrzunehmen als auch die eigene Körpersprache als Instrument wirkungsvoll einzusetzen.

Köpersprache erfolgt in der Regel unwillkürlich und auch unbewusst, sie wird innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde wahrgenommen, decodiert und interpretiert. Dabei wird die Basis der Beziehung zugrunde gelegt, die über Sympathie und Antipathie, über Akzeptanz und Vertrauen entscheidet.

Schon durch das „Abholen“ des Patienten, den Empfang beim Erstkontakt, wird die Grundlage der Beziehung geschaffen. Zeigen Sie dem Patienten Ihre Begleitung – von Anfang an. An der Art und Weise, wie der Patient auf Sie zukommt, erhalten Sie oft schon Auskunft über sein Befinden. Die Körperhaltung, der Muskeltonus, der Blick geben Informationen.

Beziehung aufbauen

Bereits durch die Begrüßung wird Beziehung aufgebaut. Holen Sie den Patienten aus dem Wartezimmer oder an der Türe des Behandlungszimmers ab, gehen Sie ihm entgegen, oder kommt der Patient zu Ihnen in den Raum, an den Schreibtisch? Nutzen Sie die Begrüßung zur Berührung, mit Handschlag, schauen Sie ihn dabei an, wirken Sie interessiert, emphatisch und „menschlich“? Vielleicht bereiten Sie sich auch gerade auf den Patienten vor und werfen einen kurzen Blick in die Karteikarte, während der Patient auf Sie zukommt. Der eintretende Patient decodiert Ihre „Haltung“ in der Regel oftmals jedoch so: „Ich werde nicht angeschaut, die interessieren sich nicht für mich“, oder: „Um mich steht es sehr schlimm, sie können mich nicht anschauen …“. Ihre Haltung „wirkt“ auf den Gesprächspartner, sie ist die Grundlage für das Verhalten, Verstehen und auch für die gegenseitige Akzeptanz.

Eine offene, dem Patienten zugewandte Haltung mit Blickkontakt wirkt einladend, schafft Vertrauen.

Persönliche Wirkungsmittel kennen und einsetzen

Persönliche Wirkungsmittel meint mehr als nur das Non-Verbale, als die Körpersprache. Sie be­schrei­ben:

  • Körperhaltung
  • Blickkontakt
  • Zugewandtheit
  • Nähe und Distanz zueinander
  • Berührung (Handschlag)
  • Mimik
  • Gestik
  • Geruch
  • Tonlage
  • Stimme
  • Lautstärke
  • Betonung
  • Ausdruckskraft

Als onkologisch Tätige (selbst-)bewusst die eigenen Wirkungsmittel einzusetzen und diese decodieren zu können, kann in den oft schwierigen Situationen helfen.

Bsp.: Während des Gespräches streicht der Patient mit den Fingern unter den Augen, senkt den Blick …  Auf die Signale einzugehen kann hier bedeuten, dass Sie ansprechen, was Sie meinen wahrzunehmen: „Es ist bestimmt nicht leicht für sie. Ich habe das Gefühl, Sie sind traurig und Sie wollen das Ganze erst einmal verarbeiten, benötigen sie eine Pause?“

So kann durch das Beachten der körpersprachlichen Signale des Patienten das zumeist Unausgesprochene hinterfragt und angesprochen werden.

„Der Körper gibt Antworten auf Fragen, die nie gestellt worden sind.“… Ausspruch von Samy Molcho (ehem. Universitätsprofessor an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien; Autor, Pantomime, Schauspieler und Regisseur) in einer Kommunikations-Fortbildung.

Der körpersprachliche Ausdruck / die kleinen Gesten sind es, die oftmals anzeigen, dass es für den Patienten reicht. Jede weitere Information ist dann zu viel, da sie ohnehin nicht mehr aufgenommen werden kann.

1.3 Worte schaffen Wirklichkeiten

Kommunikation will wirken und bewirken. Dabei werden Worte je nach Vorerfahrungen, Wahrnehmungen und Einstellungen des Sprechenden und des Zuhörenden interpretiert und somit verstanden: „Wahr ist nicht, was A sagt, sondern was B versteht.“ (vgl. [4]) Oft wird etwas gesagt, was aber ganz anders ankommt. Der Patient versteht etwas ganz anderes, als Sie meinen, und die Angehörigen wiederum etwas anderes. Der Weg vom Sender zu den Empfängern ist voller Unterschiede, Barrieren und Hindernisse.

Sprache sollte am Partner ausgerichtet sein. Das Benutzen einer für den Partner verständlichen Sprache sowie aufmerksames und deutliches Sprechen sorgen für eine gute Grundlage in der Verständigung, besonders in der Vermittlung. Das Verwenden von Fachbegriffen und Fremdwörtern erschwert nicht nur die Verständigung, sondern sorgt beim Patienten für „Übersetzungspausen“, die dazu beitragen, dass Informationen nur unvollständig aufgenommen werden können. Patientenorientierte Kommunikation erleichtert es, den Patienten in seinen Bedürfnissen wahrzunehmen.

Durch Worte erzeugt der Sprechende Wirkung, die natürlich gewollt ist. Doch es gibt dabei oft auch ungewollte Auswirkungen.

Beispiel 1: „Sie hatten ja eine schwere Zeit.“ Oder Beispiel 2: „Es war in der letzten Zeit nicht leicht für Sie.“ Diese beiden ähnlichen Aussagen erzielen jedoch unterschiedliche Wirkungen. Bei dem ersten Satz wird die Schwere betont. Der Patient stimmt der Aussage zu und spürt oftmals dadurch körperlich eine Schwere, die Schultern fallen, der Muskeltonus steigt, der Patient fühlt Anstrengung. Im zweiten Satz wird das „nicht leicht“ betont und da ein „nicht“ nur abgeschwächt gehört und wahrgenommen wird, stimmt der Patient der Aussage des „nicht leicht“ zu. Somit können Empfindungen erleichtert und beeinflusst werden.

Kommunikation mit neutralen oder positiven Begriffen

Worte schaffen Wirklichkeiten. Ein Patient erhält die Information, dass es für den Tumor keine Heilung gebe, sondern im Idealfall nur ein Wachstumstopp erreicht werden könne. Welche Wirkung wird hier erzielt? Die Wörter „keine Heilung“ und „nur“ klingen negativ und können vom Patienten negativ interpretiert werden: „Ich habe keine Chance mehr.“ Was ist hier die Aussage, was das Ziel? Zum Mitwirken einzuladen oder dem Patienten mitzuteilen, dass es dem Ende zu geht, oder noch etwas ganz anderes? Wörter, die negative Bilder auslösen, erschweren die Kommunikation und die Erreichung von Kom­muni­kations­zielen.

Durch Verwendung von neutralen Begriffen wie zum Beispiel – vielleicht, also, und, während, wahrscheinlich, möglich – oder von positiv besetzten Begriffen sowie partnerschaftlich Formuliertem – nicht leicht, ich werde Sie unterstützen, … –, von Sprache, die am Partner ausgerichtet ist – mit Ihnen, wir gemeinsam, für Sie – und auch das Benutzen des Namens wird das Aufnehmen und Verstehen für den Patienten leichter. Eine emotionale Belastung, die durch negative besetzte Worte ausgelöst wird, kann Verstehen verhindern, das Gespräch erschweren, die Beziehung stören. Durch neutrale oder positiv besetzte Begriffe wird dem Patienten das Gefühl vermittelt, dass er partnerschaftlich in den Behandlungsprozess einbezogen wird, mit ihm gemeinsam Perspektiven erarbeitet werden und dass er wahrgenommen wird.

2 Methoden, Techniken und Tipps für das Patientengespräch

Als Basis für eine patientenorientierte Kommunikation gilt die Methode des „aktiven Zuhörens“, abgeleitet aus der klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers [5]. Aktives Zuhören bedeutet nicht, passiv zu sein, sondern sich auf die Inhalte zu konzentrieren, die für den Patienten relevant sind.

Grundprinzipien dafür sind:

Empathie = einfühlendes Verständnis; eigene Werte und Ideale nicht zur Entscheidungsgrundlage zu machen, sondern sich soweit wie möglich in die Gedanken- und Gefühlslage des Patienten hineinzuversetzen und versuchen zu begreifen:

  • warum jemand weint
  • warum jemand ärgerlich wird
  • warum der Patient nicht in die vorgeschlagene Therapie einwilligt
  • warum der Patient lieber andere (vielleicht alternative Heil-)Verfahren wählt
  • warum der Patient sich nicht mit der Krankheit auseinandersetzen möchte

Wertschätzung und Verständnis = die Fähigkeit, den Patienten anzunehmen wie er ist:

  • auf die individuelle Situation einzugehen
  • die Gefühle und Ängste des Patienten anzusprechen, sein subjektives Erleben, seine Bedürfnisse, seinen sozialen Hintergrund in das Gespräch einzubeziehen
  • verständliche konkrete Sprache
  • Äußerungen des Patienten und seine „Wirklichkeiten“ zu akzeptieren
  • zugewandte, bejahende Haltung

Echtheit und Kongruenz = Übereinstimmung zwischen dem Wie und dem, Was man sagt:

  • die eigene Haltung dem Patienten gegenüber
  • professionelles, natürliches Verhalten, welches der eigenen Persönlichkeit entspricht
  • zuverlässiges Handeln
  • die Grenzen der eigenen Möglichkeiten erkennen und zugeben

Die Techniken des aktiven Zuhörens sind:

  • Zuhör-Bestätigung durch Signale und Körpersprache geben (ja, mhm, Kopfnicken)
  • ausreden lassen
  • Pausen machen
  • Pausen zulassen und aushalten
  • paraphrasieren (mit eigenen Worten wiederholen)
  • Zusammenfassung des Gehörten
  • spiegeln der Haltung und Emotionen
  • offene Fragen (W-Fragen) stellen
  • zum Weitersprechen ermutigen
  • eigene Wertung und Meinung zurückstellen
  • das Verstandene zusammenfassen und Bestätigung einholen

2.1 Balance in der Gesprächsführung – Führung übernehmen und abgeben

Durch die Gesprächssteuerung wird entschieden, wer die Inhalte innerhalb des Gesprächs vorgibt. „Nur wenn beides ins Gleichgewicht gebracht wird, kann ein (…) wirksames Gespräch entstehen.“ [1]

Für das onkologische Gespräch bedeutet das, eine Balance zwischen einer pflege-/arzt­zentrierten und einer patientenzentrierten Gesprächsführung zu finden. „Patientenzentriert (…) bedeutet, dem Patienten genügend Raum für die Darstellung seiner Anliegen zu geben. Pflege-/arztzentriert (…)  bedeutet das Erfragen von Details der Symptomatik, über Vorbehandlungen und Vorerkrankungen, (…) auch das Eingehen auf die Biografie des Patienten und seiner Lebensumstände.“ [1]

Patientenzentrierte Gesprächsführung übergeben heißt:Pflege-/arztzentrierte Gesprächsführung übernehmen bedeutet:
ausreden lassenZeitrahmen benennen
offene Fragen stelleneigene Themen einbringen
verbale und nonverbale Ermutigung zur Weiterrede gebenunterbrechen
paraphrasieren, aufgreifen der Worte des Patientengeschlossene Fragen
zusammenfassen in eigenen WortenVereinbarungen treffen
spiegeln von EmotionenGesprächsende ankündigen

Techniken der pflege-/arzt- und patientenzentrierten Gesprächsführung nach [1].

Bei diesen Techniken der arzt- und patientenzentrierten Gesprächsführung wird deutlich, dass sich bei dieser Gesprächsführung die Techniken des aktiven Zuhörens mit denen der klassischen Gesprächssteuerung mischen.

2.2 Gesprächsstruktur vermittelt Haltung

Ein strukturiertes Gespräch hilft besonders in emotionalen Situationen die Professionalität zu erhalten.

Beziehungsaufbau:

  • abholen, Begrüßung, Vorstellung mit Namen, (Handschlag)
  • Nähe/Distanz abstimmen
  • Bezugsperson einbeziehen (Vorsicht: mit dem Patienten sprechen, nicht mit der Bezugsperson über ihn)
  • auf Augenhöhe (sitzend, optimal schräg zueinander)
  • für störungsfreien Raum sorgen
  • Körperhaltung des Patienten beobachten

Gesprächseinleitung:

  • Inhalt des Gespräches erläutern
  • Zeitrahmen mitteilen
  • Wissensstand abklären
  • die Wahrnehmung des Patienten feststellen, erfragen: was weiß, vermutetet der Patient, Gedanken und Emotionen erfragen
  • dabei mehr fragen als sagen; offene Fragen stellen (W-Fragen), die dem Patienten Raum geben, seine Antworten zu finden
  • Körpersprache beachten
  • Schweigen aushalten

Im Gespräch:

  • aktiv zuhören, Zuhör-Bestätigungen geben durch Signale sprachlicher (ja, mhm, …) und körpersprachlicher Art (Nicken, Blickkontakt)
  • Erzählen fördern, Erwartungen klären (Was haben Sie sich vorgestellt?)
  • Ansprechen und Benennen der Gefühle
  • paraphrasieren, Verständnis zeigen und absichern (Wenn ich Sie richtig verstanden habe, …)
  • schlechte Diagnosen/Prognosen in kleinen Einheiten mitteilen
  • kurze Sätze, Phrasen vermeiden
  • Klärung von Fragen
  • Zeit lassen, Pausen machen; auf körpersprachliche Signale achten, ansprechen
  • Therapievorschlag besprechen, nachfragen
  • Behandlungsschritte sichtbar machen (skizzieren …)
  • auf Aufnahmefähigkeit achten, lieber einen weiteren zusätzlichen Termin vereinbaren als zu viele Informationen

Gesprächsabschluss:

  • Rückmeldung geben
  • zusammenfassen
  • Fragen erfragen und klären (Haben Sie noch Fragen? Welche Fragen kann ich Ihnen noch beantworten?)
  • Zufriedenheit erfragen (Benötigen Sie weitere Informationen? Kommen Sie so erst einmal zurecht?)
  • Gemeinsamkeit anstreben (Sind Sie auch der Meinung, dass wir jetzt erst einmal alles weitere angehen sollten? Ich bin der Meinung, wir schließen hier jetzt ab; Sie sammeln für unser nächstes Gespräch Ihre Fragen … . Sind Sie damit einverstanden? Ist das auch in Ihrem Sinne?)
  • Termine festlegen (Untersuchungen, nächster Gesprächstermin)
  • Handlungen für den Notfall festlegen
  • Patienten verabschieden, an die Tür begleiten
Kommunikation unter Maske

„Verhüllte“ Kommunikation ist mittlerweile Standard in vielen Bereichen der Medizin. Aber unter Masken fehlen die wichtigsten Signale menschlicher Kommunikation: unsere Mundbewegungen. Eine große Herausforderung.

Solche Gespräche erfordern besondere „Augen-Blicke“. In den Blicken der Patienten lässt sich viel ablesen. Ein echtes Lächeln lässt die Augen strahlen, auch wenn es verdeckt ist. Es stärkt die Beziehungsebene. Besonders in Stresszeiten signalisiert es das bewusste Wahrnehmen jeder einzelnen Person.

Masken-Kommunikation benötigt zur einfacheren Verständigung betonte, langsamere Aussprache und intensives Nachfragen, ob alles richtig verstanden wurde. Den Körper zum Patienten gedreht, Blickkontakt suchen, mit Gesten wichtige Aussagen unterstützen: So lässt sich eine Blockade beim Patienten leichter verhindern, die die Bedeckung von Zweidritteln unseres Gesichts in der zwischenmenschlichen Kommunikation normalerweise auslöst.

3 Bewusste Kommunikation

„Erfolg hängt von der Fähigkeit ab, einen emotionalen Zugang zum Partner zu bekommen und zu erhalten. (…) Kurzum: um andere zu gewinnen, ist es nötig, sich in sie hineinzuversetzen, zu versuchen, ihre Wünsche und Sehnsüchte zu erfahren und zu verstehen, herauszubekommen, was sie motiviert, was sie treibt oder hemmt.“ (Samy Molcho [6])

Die Erfahrungen, Erwartungen und Einstellungen eines Patienten (in Bezug auf die Krankheit, auf ärztliche Aussagen, pflegerische Unterstützung, Therapien etc.) bestimmen seine selektive Wahrnehmung, seine Bewertung und Interpretation der Situation und steuern somit auch seine Reaktionen. Durch die Art und Weise, wie die Kommunikation erfolgt (oder das Gespräch geführt wird), wird die Reaktion des Patienten beeinflusst, ebenso wie die des Pflegeteams, des Arztes. Eine bewusste Kommunikation hilft, den Patienten professionell und erfolgreich zu begleiten und zu unterstützen und sichert somit auch die Therapietreue und den Therapieerfolg.

Anmerkung

Die Ausführungen sollen nicht als Handlungsanweisung verstanden werden, sondern Hilfestellungen für den beruflichen Alltag geben. Sie sollen den Blickwinkel auf das alltägliche Handeln erweitern, Ideen und Anregungen zum eigenen Coaching und zur Reflexion geben.

Literatur

  1. Fritsche K, Wirsching M (2006) Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Springer, Heidelberg 2006
  2. Schulz von Thun F (2010) Miteinander Reden, Band I: Störungen und Klärungen. Allgemeine Psychologie der Kommunikation. Rowohlt, Reinbek
  3. Schulz von Thun F, Ruppel J, Stratmann R (2003) Miteinander Reden: Kommunikationspsychologie für Führungskräfte. Rowohlt, Reinbek
  4. Watzlawick P, Beavin JH, Jackson DD (2011) Menschliche Kommunikation. Huber, Bern
  5. Rogers CR (1993) Die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie. Fischer TB, Frankfurt a. M.
  6. Molcho S (2005) Körpersprache des Erfolges. Ariston Heinrich Hugendubel, Kreuzlingen/München

Empfehlungen zum (Weiter-)Lesen

Albrecht H (2006) Die Heilkraft des Vertrauens. Wie wichtig das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist, entdeckt die Medizin gerade neu. Wissen S. 25ff. Die Zeit, Nr. 32 (03.08.2006)
Dimitrius JE, Mazzarella M (1999) Der erste Blick – Anleitung zur Menschenkenntnis. Econ, München
Ende M (1973) Momo. Thienemann, Stuttgart
Felix Burda-Stiftung (2013) felix burda stiftung: darmkrebs.de. arztgespräche.felix burda stiftung
Green J (2012) Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Carl Hanser, München
Kübler-Ross E (1977) Interviews mit Sterbenden. Kreuz, Stuttgart
Picardie R (2000) Es wird mir fehlen, das Leben. Rowohlt, Reinbek
Reimer C, Eckert J, Hautzinger M, Wilke E (2007) Psychotherapie. Ein Lehrbuch für Ärzte und Psychologen. Springer, Heidelberg
Rexrodt von Fircks A (2012) Heilsame Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Schwerpunkt Onkologie. Techniker Krankenkasse (Hrsg), Hauptverwaltung Hamburg
Schmidt R (1999) Immer richtig miteinander reden. Transaktionsanalyse im Beruf und Alltag. Jungfermann, Paderborn
Schnell MW, Schulz C (Hrsg) (2014) Basiswissen Palliativmedizin. Springer, Heidelberg
Thomann C, Schulz von Thun F (2011) Klärungshilfe I. Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Situationen. Rowohlt. Reinbek
Wander M (1999) Leben wäre eine prima Alternative. Tagebücher und Briefe. dtv, München

4 Arzt- und Patientengespräche

Norbert Schleucher

Die Kommunikation zwischen Arzt und Tumorpatient findet fortwährend im Zuge der onkologischen Therapie in verschiedenen Situationen statt. Dazu gehören das Aufklärungsgespräch im Rahmen der Erstvorstellung, die Visite im Rahmen eines stationären Aufenthaltes oder die onkologische Sprechstunde in einer Schwerpunktpraxis sowie das Therapieabschlussgespräch.

Wesentliches Ziel der Kommunikation zwischen Arzt und Patient ist es, die Compliance (Mitarbeit) des Patienten zu fördern, um so einen optimalen und nebenwirkungsarmen Therapieablauf gewährleisten zu können.

Die Arzt-Patienten-Kommunikation ist keine gleichberechtigte Kommunikation, da Arzt und Patienten nicht über das gleiche Fachwissen verfügen. Somit wird vom Arzt in Patientengesprächen eine direktive Rolle erwartet.

4.1 Aufklärungsgespräch

Ziel eines Aufklärungsgespräches ist es, ein „Bündnis“ zwischen Arzt und Patient zu schließen, sodass dem Patienten der Eindruck der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit seinem Therapeuten vermittelt wird. Der Arzt hat im Aufklärungsgespräch die Aufgabe, den Patienten über seine Erkrankung, die therapeutischen Optionen, die Nebenwirkungen einer antineoplastischen Therapie, die Erkrankungsprognose und über Verhaltensmaßregeln verantwortlich und zugleich einfühlsam zu informieren. Dem Patienten bleibt das Zuhören und Nachfragen, wobei sich die meisten Patienten sehr zurückhaltend zeigen, weil es sich für sie um eine ungewohnte, neue Situation und eine „unbekannte“ Krankheit handelt.

Die Aufklärung wird stets von ärztlicher Seite geleistet und ist in jedem Fall schriftlich zu dokumentieren.

Im Normalfall einer kontrolliert begonnenen Therapie sollen dabei zwischen Aufklärung und Therapiebeginn mindestens 24 Stunden Zeit liegen. Ausnahmen bilden hier Notfallsituationen, wie Operationen bei akutem malignombedingten Ileus, die notfallmäßige Einleitung einer Strahlentherapie bei oberer Einflussstauung oder eine sofortige Chemotherapie bei weit fortgeschrittenen und hochproliferativen Erkrankungen, wenn bereits tumorassoziierte Komplikationen eingetreten sind und diese nur durch Behandlung des zugrunde liegenden Tumorleidens behoben werden können.

Inhalt des Aufklärungsgesprächs

Die grundlegenden Inhaltspunkte des onkologischen Aufklärungsgesprächs beinhalten die bösartige Natur der Erkrankung, die zur Verfügung stehenden therapeutischen Optionen (Operation, Strahlentherapie oder Chemotherapie) und auch die Nebenwirkungen des gewählten Behandlungsverfahrens. Dabei müssen in jedem Fall häufige Nebenwirkungen ausführlich erläutert werden. Seltene Nebenwirkungen sollten erwähnt werden.

Darüber hinaus sollte auch die Erkrankungsprognose Teil des Aufklärungsgesprächs sein. Dies ist insbesondere bei kurativ behandelbaren Erkrankungen von Bedeutung, um den Patienten und Angehörige zur Therapie zu motivieren. Demgegenüber muss die schlechte Prognose einer nur palliativ behandelbaren Erkrankung nicht zwingend detailliert dargelegt werden. Hier sollte es vermieden werden, dem Patienten den Lebensmut zu nehmen. Nicht hilfreich ist es beispielsweise, den Patienten mediane Überlebenszeiten und prozentuale Ansprechwahrscheinlichkeiten einer Chemotherapie darzulegen. Dies insbesondere, da die rein statistischen Daten für den individuellen Patienten wenig von Belang sind. In der täglichen klinischen Routine ist es in Aufklärungsgesprächen deshalb üblich, nur auf dringliches Nachfragen des Patienten detaillierte prognostische Angaben zu machen.

Besondere Bedeutung kommt der Aufklärung – auch aus rechtlichen Gründen – vor risikoreichen Therapieverfahren zu, wie Hochdosistherapie mit Stammzelltransplantation oder Knochenmarktransplantation. Da diese Behandlungsverfahren potenziell mit einer gewissen Letalität behaftet sind, muss der Patient über diese Letalität aufgeklärt werden.

4.2 Stationsvisite / Onkologische Sprechstunde

Neben dem Aufklärungsgespräch findet die Arzt-Patienten-Kommunikation auch im Rahmen der ärztlichen Stationsvisite respektive im Rahmen der onkologischen Sprechstunde in einer Schwerpunktpraxis statt. Diese Gespräche sind von zeitlich kürzerer Dauer als ein Aufklärungsgespräch. Hier sollen in knapper Form Probleme des Patienten oder Therapiekomplikationen eruiert und dem Patienten Zwischenbefunde von Untersuchungen erläutert werden. Dieses Gespräch mit dem Patienten dient der Therapiesteuerung.

4.3 Therapieabschlussgespräch

Wiederum einen anderen Charakter hat ein Therapieabschlussgespräch. Von ärztlicher Seite sind noch einmal Nebenwirkungen der Therapie zu erfragen und dem Patienten muss das Therapieergebnis mitgeteilt werden. So sollen Befunde der abschließenden Staging-Untersuchungen (Computertomografien, Tumormarker) dem Patienten mitgeteilt und vom Arzt im Sinne eines Therapieansprechens oder Therapieversagens gewertet werden. Bei geplanten Therapiepausen sollte der Patient auf Progressions- oder Rezidivsymptome hingewiesen werden, um in diesem Fall rechtzeitig seinen behandelnden Arzt aufsuchen zu können.

Probleme in der Arzt-Patienten-Kommunikation resultieren aus der Kürze der zur Verfügung stehenden Gesprächszeit und aus dem Gebrauch von Fachwörtern seitens des Arztes. Trotz der knapp bemessenen Zeit für den einzelnen Patienten im Rahmen von Aufklärungsgesprächen und Visiten muss der Arzt dem Patienten eine möglichst weitreichende Information anbieten. Der Eindruck, dass der behandelnde Arzt unter Zeitdruck steht und auf den Patienten nicht adäquat eingehen kann, sollte möglichst vermieden werden. Da aus dem Gebrauch von lateinischen Fachtermini vielfach Missverständnisse und Unverständnisse bei den Patienten aufkommen, wenden sich viele von ihnen an das Pflegepersonal, um sich bestimmte Termini, Gegebenheiten oder Situationen noch einmal erklären zu lassen.

Besonders wichtig bei allen kommunikativen Prozessen ist die Beachtung der nonverbalen Kommunikationsebene (siehe Abschnitt Sprache). So sollte die Mimik mit dem verbal Gesagten in Einklang stehen und nicht das Gegenteil des Gesagten ausdrücken. Gesten, die ein Abgelenktsein symbolisieren können, wie z. B. gleichzeitiges Notizenmachen, Blick zur Uhr etc., sind nicht nur unhöflich, sondern zeigen auch wenig Selbstverantwortung.

Insgesamt ist die Arzt-Patienten-Kommunikation ein sehr komplexes Geschehen, das sich nicht pauschalisierend beschreiben lässt. Hier ist es wichtig, im Laufe von vielen Berufsjahren Erfahrungen zu sammeln und eigene Strategien bei der Patientenkommunikation zu entwickeln.

4.4 Patientenerklärung

Ich, Herr/Frau

wurde durch Frau/Herrn Dr.

über die Art meiner Erkrankung,

Therapiemöglichkeiten,

und die erforderliche (Chemo-)Therapieform (Art, Name und Zahl der Therapiezyklen, voraussichtl. Therapiedauer)

sowie möglicherweise auftretende Nebenwirkungen und Komplikationen aufgeklärt. Auf alle wesentlichen und typischen Nebenwirkungen der Behandlung, einschließlich der Nebenwirkungen der zur Klärung des Tumorverlaufs notwendigen Diagnostik und der bei Behandlung der von Nebenwirkungen notwendigen Therapie, insbesondere auf folgende Punkte wurde ich hingewiesen (Zutreffendes bitte markieren):

☐ Übelkeit

☐ Erbrechen

☐ Haarausfall

☐ erhöhte Infektionsneigung

☐ erhöhte Blutungsneigung mit der Notwendigkeit von Transfusion von Blut und Blutplättchen

☐ Gefahr von Hepatitis und/oder HIV-Infektion (AIDS) bei Bluttransfusionen

☐ Organkomplikationen (vorübergehende Funktionsminderung bis völliger Funktionsverlust) an

☐ Magen-Darm-Trakt

☐ Lunge

☐ Niere und ableitenden Harnwegen

☐ Nervensystem (Lähmungen, Gefühlsstörungen)

☐ Sinnesorganen (Hörminderung, Sehminderung)

☐ Herz

☐ Leber

☐ Geschlechtsorganen (bis hin zur Unfruchtbarkeit) inklusive der Möglichkeit der Samenkryokonservierung (bei Männern mit eventuell späterem Kinderwunsch) und dem Rat zu empfängnisverhütenden Maßnahmen während der Chemotherapie

☐ lokale Komplikationen (bis zum Gliedmaßenverlust)

☐ lokale und systemische allergische Reaktionen (bis hin zum allergischen Schock)

☐ Tod durch unbeherrschbare Komplikationen infolge diagnostischer, vor allem therapeutischer Maßnahmen

Das Eintreten und das Ausmaß dieser Nebenwirkungen ist im Einzelfall grundsätzlich nicht vorhersehbar. Das Risiko der einzelnen Nebenwirkungen variiert bei verschiedenen Therapiezyklen und von Patient zu Patient. In der Regel sind milde Nebenwirkungen der geschilderten Art häufiger; schwere, lebensbedrohliche, unter Umständen tödliche Nebenwirkungen sind die Ausnahme.

Mir ist ausreichend Gelegenheit zu fragen gegeben worden und ich benötige keine zusätzliche Überlegungsfrist.

☐ Ich verstehe, dass es nicht möglich ist, eine Heilung oder komplikationslose Behandlung zu versprechen.

☐ Das Merkblatt zum Aufklärungsgespräch habe ich erhalten.

☐ Ich bin in Kenntnis dieser Situation mit den vorgesehenen Behandlungsmaßnahmen und den gegebenenfalls sich daraus ergebenden weiteren Maßnahmen der Krankheitserkennung (Diagnostik) einverstanden.

Ich wurde auf die Möglichkeit zur Spermakryokonservierung und/oder andere fertilitätssichernde Maßnahmen hingewiesen und:

☐ möchte diese wahrnehmen

☐ möchte diese nicht wahrnehmen

☐ benötige weitere Informationen/Bedenkzeit:

Im Falle einer Ablehnung der Behandlung:

☐ Über die möglichen gesundheitlichen Nachteile meiner Ablehnung wurde ich informiert.

Ort

Patient (Name und Unterschrift)                            

Zeuge (Name und Unterschrift)               

Arzt (Name und Unterschrift)

Erstellt in Anlehnung an einen Vortrag von J. Barth.